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Firmen im Übernahmefieber

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Immobilien-Riesen wie Vonovia kaufen aktuell für Milliarden kleinere Mitbewerber – so wie schon kurz vor der Finanzkrise 2007. Ist das ein Anzeichen für eine erneute Übertreibung am Immobilienmarkt?

Rolf Buch, Vorstandschef von Deutschlands größtem börsennotierten Wohnungskonzern Vonovia, ist auf Einkaufstour. Vergangenes Jahr beschloss Buch die Übernahme der österreichischen Conwert mit ihren rund 24.500 Wohnungen für 2,7 Milliarden Euro. Jetzt soll Vonovia auch noch die Wiener Buwog mit ihren 49.000 Wohnungen in Deutschland und Österreich schlucken – und käme damit rechnerisch auf einen Bestand von über 400.000 Einheiten.
„Die Buwog passt hervorragend zu unserem Unternehmen“, sagt Buch. „Die jeweiligen Wohnungsbestände ergänzen sich perfekt.“ 29,05 Euro in bar bietet die Vonovia pro Anteilsschein. Nehmen die Buwog-Aktionäre mehrheitlich das Angebot bis zum 12. März an, würde der Dax-Konzern die Wiener für 5,2 Milliarden Euro bekommen.

Nicht nur Vonovia hat Übernahmefieber. Auch Christophe Cuvillier, Vorstandschef der Unibail-Rodamco, will dazukaufen und das Portfolio von Europas größtem börsennotierten Gewerbeimmobilienkonzern kräftig ausbauen. Umgerechnet 12,8 Milliarden Euro bietet der auf Einkaufszentren spezialisierte Pariser Gigant für den australischen Mitbewerber Westfield. Gelingt der Deal, würde der weltgrößte Shoppingcenterbetreiber mit einem Portfolio von 104 Konsumtempeln in Europa, Nord- und Südamerika sowie im asiatisch-pazifischen Raum entstehen. Die Übernahme „schafft eine starke Plattform für künftiges Wachstum“, sagt Cuvillier.

Auf den Rieseneinkauf folgte das Chaos

Rund um den Globus sind Immobilienkonzerne im Übernahmefieber. Das zeigt eine Auswertung des Wirtschaftsinformationsdienstes Thomson Reuters. Danach gab es im vergangenen Jahr rund 3300 Übernahmen und Zusammenschlüsse von börsennotierten Immobilienfirmen im Gesamtwert von rund 313,5 Milliarden Euro.

Eine solche Größenordnung gab es schon einmal: im Jahr 2007 – dem Jahr, in dem die Finanzkrise schleichend begann. Damals gab es weltweit rund 2500 Fusionen unter Immobilienkonzernen im Gesamtwert von 380 Milliarden US-Dollar. Deutet der aktuelle Boom bei Fusionen und Übernahmen nun wieder auf eine Übertreibung hin?

Einer der größten Deals des Jahres 2007 war ausgerechnet der Zusammenschluss des niederländischen Shoppingcenterbetreibers Rodamco mit dem französischen Immobilienkonzern Unibail – woraus eben jenes Unternehmen hervorging, das aktuell wiederum eine der größten Übernahmen plant. Damals folgte auf den Rieseneinkauf das Chaos. Kurz nachdem am 25. Juni 2007 aus den beiden Unternehmen Unibail-Rodamco geworden war, gingen weltweit die Kurse der Immobilienaktien auf Talfahrt.

Immer höhere Kurse – und dann die Insolvenz

Bald darauf folgten die Aktien der Banken dem Sog. Sie hatten den Immobilienfirmen immer höhere Kredite gewährt, damit die immer teurere Liegenschaften kaufen und Übernahmen stemmen konnten. Keine 15 Monate später musste am 15. September 2008 die US-Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz anmelden. Die Finanzkrise raste wie ein Lauffeuer um den Erdball.

„Der Merger von Rodamco und Unibail erwies sich als einer der letzten Warnschüsse vor der Finanzkrise“, sagt Steffen Sebastian, Professor für Immobilienfinanzierung an der International Real Estate Business School IREBS der Universität Regensburg. „Der Zusammenschluss zeigte, dass der Boom der Immobilienaktien im Sommer jenen Jahres seinen Gipfel erreicht hatte.“

In den Jahren zuvor hatten die Aktienkurse börsennotierter Betongoldgesellschaften stetig neue Höhen erreicht. Dann war auf einmal alles vorbei. Am stärksten traf es in Deutschland die IVG. Der Aktienkurs der hoch verschuldeten Immobiliengesellschaft rauschte um mehr als 90 Prozent in die Tiefe. Am Ende musste die Bonner Gesellschaft Insolvenz anmelden.

Teilweise teurer als vor elf Jahren

Jetzt, elf Jahre später, treibt Privatanleger und Profiinvestoren die Sorge um, dass nach dem massiven Anstieg der Zahl der Unternehmensübernahmen abermals ein Kurssturz bei den Immobilienaktien drohen könnte. „Damals wie heute sehen die Konzerne keine Möglichkeit mehr organisch zu wachsen, und versuchen deshalb, Umsatz- und Ertragssteigerungen hinzuzukaufen“, sagt Sebastian.

Eine weitere Parallele: 2007 hatten die Preise von Bürotürmen, Einkaufs- und Logistikzentren weltweit ihr bis dahin höchstes Niveau erreicht. Heute sind Gewerbeimmobilien in zahlreichen Ländern sogar noch teurer als vor elf Jahren. Insgesamt 286 Milliarden Euro seien im vergangenen Jahr in Europa in Gewerbeimmobilien investiert worden, sagt Peter Schreppel, Leiter Internationales Investment bei der Beratungsgesellschaft CBRE in Frankfurt.

„Das ist ein Zuwachs von 9,3 Prozent gegenüber 2016.“

Die hohe Nachfrage habe die Preise weiter in die Höhe getrieben. Spiegelbildlich sind dazu die aus den Mieteinnahmen erzielbaren Erträge in Relation zum Kaufpreis weiter zurückgegangen. Bei Topobjekten seien „die Renditen auf ein historisch niedriges Niveau gedrückt“ worden, sagt Schreppel.

Seit 2015 stiegen die Kurse kaum

Dennoch glauben Experten nicht, dass nun bald der Absturz der Immobilienaktien folgt. „Im Gegensatz zu 2007 notieren die Papiere diesmal nicht auf astronomisch hohem Niveau“, sagt Sebastian. „Die Aktienkurse der Konzerne sind in der gegenwärtigen Boomphase an den Immobilienmärkten bei Weitem nicht so kräftig gestiegen wie die Preise der Liegenschaften selbst.“

Dies liegt vor allem daran, dass Profiinvestoren wie Pensionskassen und Versicherungen seit Längerem steigende Zinsen erwarten. Das würde Kredite und Refinanzierungen für die Branchenunternehmen verteuern und spiegelbildlich ihren Gewinn und ihre Dividendenzahlungen schmälern.

Seit die US-Notenbank im Dezember 2015 erstmals wieder den Leitzins anhob und seither vier weitere Schritte folgen ließ, hat die Kursentwicklung bei den Immobilienwerten rund um den Globus deutlich an Dynamik verloren. Die weiteren Wertzuwächse, die Immobilien selbst seither erfahren haben, sind an den Aktienkursen der Gesellschaften weitgehend vorbeigegangen.

Die Konzerne tricksen den Fiskus aus

„2007 wurden Branchenaktien mit einem deutlichem Aufschlag auf den Nettovermögenswert der Liegenschaften in ihren Portfolios gehandelt“, sagt Thomas Veraguth, Analyst für die globalen Immobilienmärkte bei der Schweizer Großbank UBS. „Heute hingegen notieren die Papiere im Schnitt 16 bis 17 Prozent unter dem Marktwert ihrer Immobilien.“ Daher sei es für die Konzerne sogar sinnvoller, andere Unternehmen aufzukaufen, als Immobilien direkt am Markt zu erwerben. „Durch die Übernahmen kommen die Unternehmen günstiger an die Liegenschaften“, sagt Veraguth.

Zwar müssen die Aufkäufer den Aktionären der übernommenen Gesellschaften in der Regel eine Prämie auf den Aktienkurs zahlen, damit diese ihre Anteile abtreten. Im Fall der Buwog etwa bietet die Vonovia einen Aufschlag von 18 Prozent auf den Aktienkurs am Tag vor Bekanntgabe des Übernahmeplanes. Doch auch so fahren die Gesellschaften noch günstiger, als wenn sie die Häuser direkt am Markt kaufen würden.

„Bei Übernahme fallen keine Grunderwerbsteuern an, weil nicht die Immobilien selbst, sondern die Gesellschaften den Besitzer wechseln“, sagt Günter Vornholz, Professor für Immobilienwirtschaft an der EBZ Business School in Bochum. Dadurch sparten sich die Aufkäufer im Fall deutscher Immobilien Zahlungen von bis zu 6,5 Prozent des Kaufpreises an den Fiskus.

Quelle: WELT

 

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von factum
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